Beifuß - Artemisia vulgaris und seine Verwandten
Die Tage werden kürzer und die Zeit des Kräutersammelns scheint für dieses Jahr vorbei zu sein. Längst sind all die bunten Blumen auf den Wiesen und am Wegesrand verblüht. Alle? Nein eine Heilpflanzenfamilie ist noch in Blüte. Der Beifuß und seine Verwandten.
Auch wenn der gewöhnliche Beifuß (Artemisia vulgaris) und sein besonders lästiger Kollege das beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisifolia), besser bekannt als Ragweed, bei Allergikern keine Begeisterung auslösen - gehören doch diese beiden Vertreter der Korbblütler (Asteraceae oder Compositae) zu den schlimmsten Quälgeistern am Pollensektor - sind viele Vertreter der Gattung Artemisia lange bekannte Heilkräuter und auch Ragweed wird in den Kulturen Nordamerikas als entzündungshemmende und schmerzstillende Pflanze geschätzt.
Ragweed (oben) im Vergleich zu Beifuß (unten)
Aber zurück zum Beifuß und seinen Verwandten..
Aussehen und Standort von Artemisia vulgaris
Auch der gewöhnliche Beifuß ist eine recht stattliche Pflanze. Diese ausdauernde krautige Pflanze kann bis zu 2m groß werden. Die Stengel sind meist wenig behaart und die stark fiederteiligen Laubblätter erinnern an den Fußabdruck eines Vogels. Sie sind meist um die 5cm, manchmal bis zu 10cm lang und an der Unterseite dicht behaart, was sie silbrig erscheinen lässt.
An den Zweigenden stehen in rispenförmigen Blütenständen viele körbchenförmige Teilblütenstände. Diese sind grünlich-gelb und unscheinbar und nur ca. 3mm klein. Darin finden sich ausschließlich radiär-symmetrische Röhrenblüten. Die Früchte sind braun und werden Achänen genannt.
Der gewöhnliche Beifuß blüht in der Regel von Juli bis Oktober und vermiest damit zahlreichen Allergikern den Sommer und Herbst.
Sammelzeit
Artemisia vulgaris ist in unseren Breiten die letzte Heilpflanze des Jahres. Bis Ende Oktober oder sogar länger kann das Kraut gesammelt werden.
Kulturelle Bedeutung
Schon bei den Kelten wurde der Beifuß zur Abgrenzung und zum Schutz geräuchert. So sagt man ihm nach, dass er Geister oder Widergänger abhalten kann, aber auch als Schutz vor Blitzeinschlag hat ein Beifußbusch am Dachfirst eine Bedeutung.
Eine energetische Reinigung (z.B. einer neuen Wohnung von den Energien der Vormieter) kann man durch Anwendung als Räucherung oder auch durch Fegen mit einem aus Beifuß gebundenen Besen machen.
Im Himalaya hat Artemisia annua, der dort heimische Verwandte seit Jahrtausenden seinen fixen Platz bei Begräbnisritualen und wurde auch in sehr alten Ausgrabungen gefunden. Mit dem Beifuß wird der Tote in der Anderswelt gehalten, damit er die Hinterbliebenen loslassen kann.
Beifuß und seine Verwandten in der Küche
In der Küche hat der Beifuß seinen wichtigsten Auftritt bei der Gans. Die enthaltenen Bitterstoffe machen das oft fette Geflügel besser verträglich. Nicht nur bei uns, auch in der Küche des Mittelmeerraums wird der Beifuß gern verwendet.
Aus Frankreich stammen auch die Spirituosen Wermut (im Engl. Vermouth) oder der stärkere und ein bisschen in Verruf geratene Absinth (die grüne Fee), für die der verwandte Wermut, Artemisia absinthium verwendet wird. Besonders beim hochprozentigen Absinth sollte man allerdings wegen des oft recht hohen Thujongehalts ein bisschen zurückhaltender sein, um gesundheitliche Schäden nicht herauszufordern.
In Italien hat sich wiederum Artemisia genepi für den Kräuterlikör Genepi etabliert.
In früherer Zeit wurde Beifuß auch beim Bierbrauen zur Herstellung von Kräuterbier verwendet.
Beifuß als Heilpflanze
Die verdauungsfördernde Wirkung des Beifuß kann man sich mit einem Tee nutzbar machen. Der bittere Aufguss lindert Blähungen oder Völlegefühl und fördert auch die Sekretion von Galle und Magensaft. Wegen des enthaltenen Thujons, sollte man eine häufige Anwendung vermeiden.
Gleiches gilt für den Wertmuttee. (In meiner Kindheit hatten wir immer eine Wermutstaude im Garten, von der im Sommer ein paar frische Blätter oder im Winter getrocknete ab und zu in den Magentee für meinen Vater kamen.)
Auch in der traditionellen chinesischen Medizin hat der Beifuß seinen Platz. So werden z.B. die Moxa-Zigarren zur Anregung von Akupunkturpunkten und Meridianen mit Beifuß hergestellt.
Andere Vertreter der Gattung Artemisia
Die Eberraute – Artemisia abotanum
Damit kann man nicht nur in der Küche punkten und Gänse und ähnlich schwere Speisen würzen, auch Motten lassen sich mit dieser alten Heilpflanze vertreiben.
Artemisia absinthium - Wermut
Wie schon oben erwähnt findet der Wermut in der Herstellung von Likören und Spirituosen Verwendung, aber auch als Heiltee, hat er seinen festen Platz in der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde)
Ist die afrikanische Artemisia und wird dort wie bei uns Wermut und Beifuß verwendet. Ich persönlich mag das ätherische Öl als starkes Reinigungsmittel beim Saunaaufguss. Bei der Dosierung sollte man aber auch eher Zurückhaltung üben, denn es kann wegen seines hohen Thujongehalts durchaus halluzinogen wirken.
Artemisia annua
Ist die im Himalaya verbreitete Form des Beifuß und wie der Name schon sagt, einjährig. Sie wird schon lange in der TCM zur Behandlung der Malaria verwendet und hat sich während der Covid-Pandemie wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung in Kräutermischungen einen Namen gemacht.
Dabei handelt es sich allerdings um pflanzenheilkundliche Wirkungen, die nicht durch die Einnahme von Artemisia annua Globuli erzielt werden können. Hier braucht es die stofflichen Mengen an Pflanzeninhaltsstoffen.
Artemisia cina – Wurmsame
Wurde tatsächlich in der Pflanzenheilkunde zur Behandlung von Wurmbefall verwendet. Da eine solche Behandlung aber nicht selten zu schweren Vergiftungen führte, ist diese heute nicht mehr gebräuchlich, auch weil heute sicher dosierbare Entwurmungsmittel zur Verfügung stehen.
Beifußarten in der Homöopathie
Einige Arten der Gattung Artemisia sind schon sehr lange in der Homöopathie beschrieben und in Verwendung. Hier ein paar Stichworte dazu:
konvulsive Erkrankungen, Schlafwandeln
Folgen unterdrückter Symptome, verschiedene Magen und Bauchsymptome aber auch rheumatische Beschwerden
Artemisia cina mit den Synonymen A. contra und A. maritima
Cina Kindermittel, ärgerliche und trotzige Kinder, krampfartiger Husten, Darmbeschwerden, Wurmbefall
Artemisia absinthium Wermut
Halluzinationen, Epilepsie, Gedächtnisverlust, Erregung, Zittern, Gesichtszucken aber auch Übelkeit, kolikartige Winde
Einige weitere Beifußarten wurden durch Jan Scholten in die Homöopathie eingeführt:
Die Anthemideae und ihre Subfamilie der Artemiseae wurden mit 666.47 klassifiziert und die einzelnen Arten sind verschiedenen Stadien zugeordnet. Menschen, die Arzneien aus dieser Subfamilie gebrauchen können, fühlen sich oft eingeengt oder bedroht, sehen aber keinen Ausweg. Oft haben sie auch eine starke Abneigung gegen Menschen und sind sehr misstrauisch.
Körperlich findet man oft Hautsymptome oder Verdauungsbeschwerden.
Allergene
Für Allergiker, die unter Beifuß- oder Ragweedpollen zu leiden haben, haben wir beide Allergene potenziert, was zur Linderung der Beschwerden beitragen kann. Für eine nachhaltige Besserung einer Allergie ist aber eine konstitutionelle Behandlung durch einen erfahrenen Homöopathen eine wichtige Grundlage des Behandlungserfolgs.
Artemisia vulgaris (Allergen) - Beifuß (Allergen)
Ambrosia artemisiifolia (Allergen) - Traubenkraut (Allergen)
Für die Wahl der für Sie passenden Arznei unter den Artemisia-Arten ist angesichts der oft schweren Symptome, die damit behandelt werden können eine ausführliche Anamnese durch einen erfahrenen Homöopathen wichtig.
Autorin: Mag. pharm. Barbara Tell, Remedia
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