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Hyoscyamus niger

Hyoscyamus niger
Kasuistik von Reinhard Flick

Moritz - posttraumatische Belastungsstörung

Moritz ist 6 Jahre alt. Am 7.10.2001 wird er von einem Pferd gegen den Kopf getreten und erleidet eine Impressionsfraktur rechts occipital. Es tritt kein Bewußtseinsverlust auf. Die Fraktur wird in einer 2 stündigen Operation reponiert. Cerebrum und Meningen sind unverletzt.

Danach ist er 2 Tage sehr traurig und weint viel. Tagsüber geht es ihm besser, nachts erwacht er, setzt sich auf, ist nicht richtig orientiert. Er verfällt dabei in ein jammerndes Weinen und stößt seine Eltern weg, wenn sie ihn beruhigen wollen. Nach dem Unfall hatte er 3 Tage lang keinen Stuhl, jetzt sind die Stuhlmengen groß. Er ist ernster und nachdenklicher als üblich, sein bekannte „philosophische Ader" (viele Fragen über Leben, Tod und Sterben) ist verstärkt. Tagsüber sitzt er lange sehr ruhig, spielt lange konzentriert und lässt sich von Eltern und seiner älteren Schwester lieber berühren als nachts.

 

Erste Konsultation am 13.10.01:
Da die psychischen Symptome zwar einige Hinweise auf Opium geben, aber nicht wirklich stark sind, wird zur besseren Wundheilung mit Arnica XM und in der Folge mit Symphytum D6 2 mal täglich begonnen.

 

30.11.01
Die Wundheilung verlief problemlos. In letzter Zeit entwickelte er folgendes Symptomenbild: Er erwacht mehrmals nächtlich mit großer Angst zu sterben, hat dabei die Augen weit aufgerissen und erkennt niemanden. Zeitweise steht er da, als ob er nicht richtig anwesend wäre. Seit dem Unfall schnarcht er stark im Schlaf, der Mund und die Augen sind dabei leicht geöffnet.

 

Wahlanzeigende Symptome:

  • Beschwerden durch seelischen Schock
  • Offene Augen im Schlaf
  • Offener Mund im Schlaf
  • Schnarchen
  • Delirium, erkennt niemanden
  • Furcht vor dem Tod
  • Furcht nachts

Opium deckt als einzige Arznei alle Symptome, ist bekannt als typische Arznei nach Schock. In der Differentialdiagnose: Ignatia, Stramonium, Hyoscyamus und Arnica.

Er erhält Opium M.

 

21.12.2001
Der Schlaf ist jetzt gut, die nächtliche Unruhe ist verschwunden. Er schreckt nicht mehr hoch aus dem Schlaf, redet nicht mehr im Schlaf, auch das Schnarchen ist verschwunden. Opium hat seine Wirkung getan.

Doch nun hat sich seine Gemütslage im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung verändert. Er wird äußerst aggressiv auf die geringste Kritik, fühlt sich sehr oft ungerecht behandelt, glaubt „alle seien böse auf ihn". Er schreit dann laut und heftig, brüllt seine Eltern an, ist auch zu anderen Kindern sehr böse, beschimpft und beleidigt sie. Seinen eigenen Anteil an Konflikten kann er überhaupt nicht wahrnehmen. Auch starke Eifersucht auf seine ältere Schwester, die er in Schlägen ausdrückt. Er war schon immer impulsiv, doch diese Seiten sind jetzt extrem verstärkt und bereiten ihm auch in der Schule im sozialen Kontext große Probleme.

In einem Gespräch der Mutter mit dem kontrollierenden Unfallchirurgen meinte dieser, ein derartiger Zustand trete eben häufig nach Schädeltraumen auf, und das werde wohl nie wieder gut werden (sehr aufbauend!). Sie ist natürlich außer sich vor Sorge und Befürchtungen. Ich beruhige sie, indem ich auf die homöopathischen Erfolge bei derartigen Störungen hinweise.

Moritz' Durst ist deutlich vermehrt.

Wahlanzeigende Symptome:

  • Wahnidee Unrecht erlitten zu haben
  • Gemütssymptome nach Verletzungen (bzw. Verletzungen des Kopfes)
  • Beschwerden durch Schock
  • Beschimpfen
  • Eifersucht
  • Heftiger Zorn
  • Brennender Durst

Die Symptome weisen deutlich auf Hyoscyamus, Differentialdiagnose Stramonium.

Er erhält Hyoscyamus M.

 

1.3.2002
Nach der Gabe kam es zu einer anfangs extremen Verschlimmerung. Er war sehr zornig. „Ihr seid alle so böse!". Nach 5 Wochen wurde es dann besser. Doch in letzter Zeit erwacht er wieder nachts und ist dann nicht richtig da, er fantasiert, einmal von Feuer und Lava. Er ist weiter ängstlich nachts, braucht Licht beim Schlafen, kann abends nicht allein sein. Er drückt sich sehr ordinär aus, provoziert. Er schnarcht jetzt wieder viel.

Da Hyoscyamus nur kurzfristig besserte und jetzt Stramonium-Symptome im Vordergrund stehen, erhält er Stramonium M.

 

12.4.2002
Er ist jetzt ausgeglichener, nur mehr etwas Angst und Unruhe nachts, aber viel Schnarchen.

Da ich nach der deutlichen Besserung das starke Schnarchen als Rest eines Hinweises auf die auslösende Ursache deute, derzeit keine deutlichen Solanaceen-Symptome im Vordergrund stehen, und das Schnarchen ein Leitsymptome für einen Opium-Zustand darstellt, wird wird nochmals Opium M verordnet.

 

13.12.2002
Lange ging es gut (7 Monate). In letzter Zeit wieder starke Zornausbrüche, er fühlt sich angegriffen und beschuldigt, beschimpft seine Lehrer, rastet manchmal völlig aus. Im Zorn wird er blass im Gesicht. Zu Hause gibt es jetzt kaum mehr Probleme, nur mehr auswärts. Er stellt sich nach Angabe des Vaters (selbst Lehrer) den Konflikten mehr als früher.
Der Schlaf ist gut und fest, weiter ist der Mund dabei geöffnet, er schnarcht jedoch nur mehr zeitweise. Der Durst ist weiter groß.

Da nun keine Leitsymptome für Opium oder Stramonium im Vordergrund stehen, sondern wieder das für Hyoscyamus typische ausgegrenzte Gefühl, die Eifersucht, und die darauffolgende Reaktion mit Aggression und Beleidigungen, erhält er nun wieder Hyoscyamus M. Auch das im Zorn blasse Gesicht differenziert Hyoscyamus von den dabei typisch rotgesichtigen Schwesternarzneien Stramonium und Belladonna.

 

23.2.2003
Es gab diesmal keine Erstverschlimmerung. Lange war alles gut, bis vor einer Woche durch ein Ausgrenzungserlebnis die Thematik wieder ausgelöst wurde.
Er ist äußerst aggressiv, tobt, beschimpft seine Lehrer, fühlt sich beschuldigt und ist enorm eifersüchtig auf die die Integrationskinder betreuende Lehrerin.
Der Zustand hat sich noch einmal weiter zugespitzt: es treten jetzt auch autoaggressive Impulse auf: er schlägt mit dem Kopf gegen die Wand und äußert sogar Selbstmorddrohungen.

Beurteilung:
Der Verlauf unter der Arznei, doch die Auslösung durch die Kernsituation (Ausgrenzungsgefühl, sich ungerecht behandelt fühlen, Eifersucht) löst noch einmal das volle Symptomenbild aus, diesmal noch deutlicher und einen Schritt weiter fortgeschritten hin zum Kopfschlagen (auch in dieser Rubrik finden sich Hyoscyamus einwertig und Belladonna dreiwertig).

Daher wird Hyoscyamus M wiederholt.

 

20.2.2004
Es lief lange Zeit sehr gut. Seine Lehrerin erlebte ihn wie ausgewechselt, er war umsichtig und sozial!! Durch zwei Auslöseerlebnisse (einen Dauerkonflikt mit einer Mitschülerin und einen Sturz am Skilift) kam es wieder zu einer teilweisen Rückkehr der Symptome. Er ist wieder aufbrausend und unleidlich zu Hause, reagiert sofort heftig, wenn ihm etwas gesagt wird. Er fühlt sich ständig beschuldigt, leugnet alles heftig, ist derzeit aber kaum eifersüchtig.

Also nach fast einem Jahr ein kleiner Rückfall, wesentlich leichter als früher, nur ein Teil der Symptomatik ist nochmals aufgetaucht. Daher nochmals Hyoscyamus M.

 

Moritz ist wieder ein psychisch normales und gesundes Kind, das zeitweise (wie viele Kinder) auf Kritik überreagiert und sich zu wenig geliebt fühlt. Die extremen Schwankungen und Ausbrüche als Folge des Unfalls sind verschwunden.

 

Weiterführende Literatur:

  • Clarke, J.H.: A Dictonary of Practical Materia Medica. Indian Books and Periodicals, New Dehli 1990
  • Phatak, S.R.: Materia Medica of Homoeopathic Medicines. Indian Books and Periodicals, New Dehli 1990
  • Schroyens, F.: Synthesis 8.1. Archibel, Belgien 2002

 

Reinhard Flick wurde 1954 in Österreich geboren und startete 1985 seine Privatordination in Wien. Schon in der Studienzeit begann er sich für Komplementärmedizin zu interessieren. Auch in seiner Praxis setzte er deshalb die Schwerpunkte darauf den ganzen Menschen mit den Methoden Homöopathie, Akupunktur und Mayr-Kuren zu behandeln. Flick wurde bekannt durch zahlreiche Publikationen in homöopathischen Journalen im In- und Ausland. www.flick-ord.at