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Carbo vegetabilis - Fuckert

Carbo vegetabilis als Verletzungsmittel?
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Kasuistik Carbo vegetabilis

von Dr. med. Manfred Fuckert

„Diejenigen sogenannten Local-Übel, welche erst ganz kürzlich bloß von einer äußern Beschädigung entstanden sind, scheinen noch am ersten den Namen örtlicher Übel zu verdienen. Dann müßte aber auch die Beschädigung sehr geringfügig seyn, und wäre sonach ohne besondere Bedeutung. Denn, von außen her dem Körper zugefügte Übel, von nur irgend einiger Beträchtlichkeit, ziehen schon den ganzen lebenden Organism in Mitleidenheit; es entstehen Fieber u.s.w.. Es beschäftigt sich mit dergleichen die Chirurgie, jedoch mit Recht nur in so fern, als an den leidenden Theilen eine mechanische Hülfe anzubringen ist, wodurch die äußern Hindernisse der, durch die Lebenskraft einzig zu erwartenden Heilung, mechanisch vertilgt werden können, z.B. durch Einrenkungen, Wundlippen, vereinigende Heft-Nadeln und Binden, mechanische Hemmung und Stillung der Blutflüsse aus geöffneten Arterien, Ausziehung fremder, in die lebenden Theile gedrungener Körper, Öffnung einer Körperhöhlung, um eine belästigende Substanz herauszunehmen, oder um den Ergießungen ausgetretener oder gesammelter Flüssigkeiten einen Ausgang zu verschaffen, die Aneinanderfügung der Bruch-Enden eines zerbrochenen Knochens und Befestigung ihres Aufeinander-Passens durch schicklichen Verband, u.s.w. Aber wo bei solchen Beschädigungen der ganze lebende Organism, wie stets, thätige dynamische Hülfe verlangt, um in den Stand gesetzt zu werden, das Werk der Heilung zu vollführen, z.B., wo das stürmische Fieber von großen Quetschungen, zerrissenem Fleische, Flechsen und Gefäßen durch innere Arznei zu beseitigen ist, oder wo der äußere Schmerz verbrannter oder geätzter Theile homöopathisch hinweggenommen werden soll, da tritt das Geschäft des dynamischen Arztes und seine homöopathische Hülfe ein."

Dies schreibt Hahnemann in §186 seines Organon (6.Auflage).

Die Unterstreichung habe ich hinzugefügt, um auf den entscheidenden und kritischen Passus hinzuweisen. Denn wann ist und bleibt eine Beschädigung so geringfügig und somit ohne Bedeutung? Ein winziger Stich oder Ritz mit infiziertem Material kann schon genügen und höchst kritische, ja sogar tödlich Folgen für den Organismus haben. Es gilt also, den Zeitpunkt nicht zu verpassen, an dem der Organismus gerade eben beginnt, dynamische Zeichen auszusenden, woran wir erkennen können, welches individuelle Heilmittel angezeigt ist. Eine „Prophylaxe", vorausgesetzt eine solche existiert überhaupt, könnte dann allenfalls auf der Verschreibung mit Hilfe einer sog. bewährten Indikation erfolgen. Die kann richtig sein, muss aber nicht, denn auch eine „bewährte Indikation" kann nur helfen, wenn Ähnlichkeit gegeben ist. Und wo noch keine individuellen, charakteristischen Symptome auftreten, bleibt die Gabe des Mittels reiner Zufall.

Mitte Januar 2001 eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter: der Patient ist mir schon lange bekannt. „Konstitutionell" irgendwo zwischen Sulphur und Phosphor anzusiedeln. Aus dieser Tatsache ist schon zu erkennen, dass ihm keines der beiden Mittel bisher bei seinen chronischen Verdauungsbeschwerden, Blutandrang zu verschiedenen Körperstellen (Kopf, Hämorrhoiden), höchster Mondempfindlichkeit und den schrecklichsten Alpträumen, die mir jemals erzählt wurden, geholfen hat. Mandragora brachte schließlich die Wende (Verschlimmerungszeit 3-5h sowie die Tatsache, dass Mandragora als einzige Solanacee keine Halluzinationen hervorbringt, sondern dass die für diese Pflanzengattung typischen Schreckensbilder anscheinend alle ins Traumgeschehen verlegt werden).

Wie es das Schicksal will, dieser Patient (41 J., männlich) ist Kunstmaler und Bildhauer, oder richtiger gesagt: Holzschnitzer! (Alraunenwurzel wurden zu Talismanen geschnitzt). Und wer seine Bilder und Skulpturen gesehen hat, erkennt sofort die zutiefst archaische Gestaltungskraft in seinen Werken. So kam es, dass er eines Tages bei der Vollendung einer Skulptur aus Eichenholz ein Loch durch diese Figur bohren musste. Eiche ist hart und dementsprechend muss das Werkzeug scharf sein. In diesem Fall war das Werkzeug ein Hohlbeitel, das Loch war schließlich fertig, aber für das letzte Bohren hatte er wohl so viel Kraft benötigt, dass der Hohlbeitel („rattenscharf", wie er sagte) nicht nur durch das Holz, sondern auch tief in die linke Handfläche eindrang.

Eine knappe Stunde später sah ich den Patienten in der Praxis. Die linke Hand fast auf das doppelte geschwollen. Bläulich-rote Farbe des Handtellers. Kaum Blutung, und wenn, dann dunkel und sickernd. Auch unmittelbar nach der Verletzung gab es wenig Blutverlust. Die Schmerzen waren so stark, dass er Herzklopfen hatte und der Kreislauf in Mitleidenschaft gezogen war. Herunterhängenlassen des Armes verschlechterte enorm.

In der Annahme, er habe sich mit dem Werkzeug entsprechend dicke Gewebeschichten im Handteller zusammengeschoben, gab ich erst einmal Arnika über Nacht. Am nächsten Morgen keinerlei Abschwellung, keinerlei Entzündungszeichen, kein Nachlassen der Schmerzen. Arnika war es also nicht. Neue Bestandsaufnahme:

Stichwunde - Blutung, passiv - Blut, dunkel - Herunterhängenlassen des Gliedes < (über die Hinzuziehung dieses Symptoms wird noch zu reden sein!).

Die Repertorisation ergab Carbo vegetailis, also ein völlig anderes Bild als die „bewährte Indikation" Hypericum und Ledum für solche Fälle. Kein Wunder, für Hypericum fehlte die Schmerzausstrahlung zum Körperzentrum hin. Für Ledum die Wärmeempfindlichkeit. Im Gegenteil, der Patient empfand Wärme an der Verletzungsstelle eher als angenehm. Das ist zwar auch nicht gerade das, was wir uns für Carb-v. wünschen, doch spricht es sehr gegen Ledum. Meiner Erfahrung nach können wir eine „bewährte Indikation" bei Verletzungen vergessen, wenn nicht wenigstens ein oder zwei herausragende Charakteristika des entsprechenden Mittels zugegen sind. Sollte jemand gegenteilige Erfahrungen hierzu gemacht haben, so bitte ich unbedingt um Mitteilung, denn nur so kann sich eine fruchtbare Diskussion entwickeln, die zu weiterer Erfahrung führt.

Der Verlauf nach Carb-v. M, in Wasser gelöst und häufig genommen, gibt der Verordnung recht: Die Schmerzen ließen innerhalb weniger Stunden nach, die Schwellung war nach einem Tag deutlich zurückgegangen und nach zwei Tagen fast völlig verschwunden. Die Wunde war nach einer Woche sauber verschlossen ohne jedes Anzeichen einer Entzündung, Eiterung oder gar Gangrän (Eichenholz soll besonders infektionsträchtig sein). Der Heilungsverlauf war so schnell, dass ihm niemand diese Verletzung glaubte.

Nun zu dem Symptom „Herunterhängenlassen des Gliedes". Dies ist für diese Art der Verletzung durchaus ein pathognomonisches Symptom. Normalerweise ist solch ein Symptom zumeist ohne jeden Wert. Warum habe ich es zur Repertorisation hinzugezogen?

Die Verletzung hat noch nicht die gesamte Reaktionskraft des Organismus beansprucht. Es sind also nur wenige Symptome, die allesamt pathologisch und pathophysiologisch erklärbar sind - ebenso wie der Quetschungsschmerz von Arnika, die Ausstrahlung zum Körperzentrum von Hypericum, die Wärmeempfindlichkeit von Ledum etc. Wir arbeiten in vielen solchen Fällen ausschließlich mit pathognomonischen Symptomen. Warum helfen dann unsere Mittel? Anscheinend gerade weil die Verletzung noch nicht die gesamte Lebenskraft erfasst hat. Die Verletzung ist gerade noch ein „Lokal-Übel" und gerade noch nicht eine sich in individuellen Symptomen (als Reaktion der Lebenskraft) äußernde Erkrankung. Somit könnten wir eine Verletzung vielleicht als eine akut aufgetretene „einseitige Erkankung" bezeichnen. Die Behandlung einer einseitigen Erkrankung richtet sich immer nach den sichtbaren Zeichen, selbst wenn sie pathognomisch sein sollten, ebenso wie die Behandlung einer schweren organischen Erkrankung mit Gewebedefekten. Das bedeutet, dass hier das Pathognomonische selbst zum Charakteristikum wird.

Nun dürfen wir es allerdings nicht unterlassen, auch in solchen Fällen nach individuellen, charakterstischen Symptomen zu suchen. Wir sollten nicht zögern, bei einer solchen Verletzung wie oben ein Mittel zu verordnen, das in der Liste der Stichwunden nicht auftaucht, wenn irgendein Symptom von hochwertigem Charakter vorhanden ist, das mit der Pathologie überhaupt nichts zu tun hat, aber dennoch den dynamischen Zustand des Patienten charakterisiert. Hierzu ein Kurzbeispiel: eine Patientin hatte gerade meine Praxis verlassen und sich danach einen Finger in der Autotür eingeklemmt, und zwar an der Scharnierseite! (ihr Ehemann hatte die Tür mit voller Wucht zugeschlagen und nicht gesehen, dass sie noch ihre Finger darin hatte.)Sie musste sich sofort hinlegen, da sie in Ohnmacht zu fallen drohte. Arnika und Hypericum blieben ohne Wirkung. Auf der Liege wurde sie zusehends unruhiger und ängstlicher, versuchte sich immer wieder aufzurichten in der Meinung, „es gehe schon wieder", wurde aber jedesmal kreidebleich und zitterte am ganzen Körper. Eine klare Schocksituation für Aconitum, was auch prompt half.