Banisteriopsis caapi ex cortice
Der Regenwald Amazoniens
von Mag. pharm. Robert Müntz, Remedia Homöopathie
Es ist mir bereits zur Leidenschaft geworden, alljährlich in den Regenwald Amazoniens zu fahren und die Natur in ihren gewaltigen Dimensionen auf mich wirken zu lassen. Die Auswirkungen, die eine derartige Reise auf die Psyche hat, ist der Wirkung von Psychopharmaka gerade entgegengesetzt: Die Palette der Empfindungen, die man dort erlebt, wird um vieles reicher als im Alltag; zwischen dem seelischen Tief und dem Hoch gibt es hier noch viel mehr Nuancen, als jene man sonst an sich kennt.
Ich habe meine Reiselust mit den Berichten der Orchideenjäger entwickelt, die um die Jahrhundertwende unter größten Gefahren und Strapazen für sehr reiche Europäer die kostbaren Pflanzen sammelten und exportierten. Es war abenteuerlich und die Geschichten lesen sich spannend wie Kriminalromane, wenn man von den Umständen erfährt, wie man damals eine begehrte Orchidee z..B. vom Dach der Kirche einer Caboclosiedlung herunter holte und verschwinden ließ.
Jetzt sind es für mich keineswegs Orchideen allein und schon gar nicht die Absicht, irgendwelche Pflanzen zu exportieren. Es ist die Summe aller Eindrücke, den Farben und Gerüchen, der Kontakt mit den einfachen und zufriedenen Menschen und das Erleben der gewaltigen Ausmaße dieses Gebietes, die mich dahin bringen.
Im Lauf der Jahre habe ich meine Reisen auch für meine Absichten bei der Homöopathie genutzt und mehrere Arzneien vor Ort aufbereitet. Bei der Arzneiaufbereitung direkt im Urwald gibt es aber eine Reihe von wichtigen, mitunter schwierig zu lösenden Problemen. Allen voran ist die Frage nach der eindeutigen Identität der vorliegenden Pflanze. Meine bisherigen Führer im brasilianischen Urwald hatten regelmäßig enormes Wissen über die Bezeichnung und Anwendung der Pflanzen. Sie kannten jedoch meist nur die Volksnamen der Pflanzen, die Systematik Linne´s war ihnen natürlich fremd. So konnte ich lediglich die mit Hilfe eine ethnobotanischen Nachschlagewerkes ganz eindeutig bestimmten Arzneipflanzen verwenden, was nur einen Bruchteil des phytotherapeutischen Reservoirs dieser Region darstellt. Anders als in den ersten Jahren sammle ich nun nur mehr Stoffe, die in der Homöopathie bereits bekannt sind und die sich noch nicht in meinem Arzneikeller befinden. Es hat sich nämlich gezeigt, daß es eine Vielzahl von Arzneien in der Homöopathie gibt, die noch nicht ausreichend geprüft oder in guter Arzneiqualität zu erhalten sind - hier sehe ich noch viel zu tun.
Zur Dokumentation wurden Dias und vor allem Herbarbögen gemacht, diese Daten wurden mit Hinweisen der Einheimischen zur Aufbereitung und Wirkung der Pflanzen ergänzt.
Die Pflanze Ayahuasca
Eine der ersten interessanten Pflanzen, auf die ich bei meinen Reisen nach Südamerika gestoßen bin, ist die Liane Caapi, Stammpflanzen Banisteriopsis caapi, auch Ayahuasca caapi, Malpighiaceae.
Es handelt sich dabei um eine riesige Liane, die stark verholzte Stengel ausbildet. Die Blätter sind rundlich-oval, laufen spitz zu und sind gegenständig. Die weißen oder blaßrosafarbenen Blüten bestehen aus 5 Kelchblättern und sind in vierblütigen Dolden angeordnet.
Blütezeit ist Jänner, die Früchte erinnern an die Früchte des Ahorns.
Ihr Gebrauch ist vermutlich so alt wie die südamerikanische Zivilisation. Er wurde anscheinend im westlichen Amazonasgebiet entdeckt. Im Küstengebiet von Ecuador wurden bei archäologischen Grabungen sogenannte „Hexentöpfe" entdeckt, die dem Kochen von Ayahuasca dienten. Ihr Alter wird auf ca. 3500 Jahre geschätzt.
Ich fand sie bei den Nhengatu, einem bereits zivilisierten Indianerstamm der Tukanos, der etwa 200 km nordwestlich von Manaus am Rio Negro lebt. Sie sind vor etwa 20 Jahren 1000 km flußabwärts gezogen und haben nicht zuletzt das Wissen über die Anwendung der Pflanzen aus ihrem früheren Siedlungsgebiet mitgenommen.
Der Stammesführer erzählte mir von Caapi, das bei großen Festen ausschließlich von den Dorfältesten als Tee verwendet wird. Kurze Zeit nach der Einnahme, die oft von starkem Erbrechen und Durchfall begleitet ist, treten die Schamanen in einen Dämmerzustand und machen eine Metamorphose ins Tierreich durch. Bei der Sitzung fühlen sie sich dann in einen Jaguar, einen Kaiman oder Vogel verwandelt und sind auch in der Lage, in die Zukunft zu sehen und Weissagungen zu machen. Der Stammesführer der Nhengatu bot mir an, einen derartigen Trank für mich zu brauen was ich freudig annahm. Die erwünschte Wirkung des Trankes trat bei mir aber nicht annähernd ein, die Brühe war viel zu wenig konzentriert und die zu mir genommene Menge Decoct war auch zu gering - offensichtlich war ich auch zu vorsichtig.
Dieser erste Kontakt mit Caapi machte mich neugierig und bei meiner übernächsten Reise fuhr ich in das Gebiet der Tukanos, Rio Uaupes, am Oberlauf des Rio Negros, um dort den Gebrauch dieses Haluzinogens zu studieren. Zu meiner Enttäuschung musste ich da jedoch feststellen, daß bei der Bevölkerung Ayahuasca offensichtlich nicht mehr im Gebrauch war, das Volk der Tukanos war schon gänzlich den modernen Einflüssen der Zivilisation erlegen. Im Büro der FUNAI, der Vertretung aller Indianergemeinden Amazoniens, riet man mir vom Gebrauch Caapis dringend ab: Man darf es nur an bestimmten Tagen verwenden und anschließend ist man für gewisse Sinnesreize ganz besonders empfindlich. Man dürfe sich nach der Ayahuasca-Zeremonie keinem Lärm, keinen anregenden Genussmitteln und keinen sexuellen Erlebnissen aussetzen.
Ein Jahr später stieß ich nochmals auf Caapi, und zwar im peruanischen Pucallpa, einer Stadt am Osthang der Anden. Es gibt hier eine international bekannte Malschule von Pablo Amaringo, wo man unter der Einwirkung von Caapi lernt, Bilder mit Elementen des Urwaldes zu malen. Diese Schule machte auf mich den Eindruck eines welt entrückten Refugiums, in dem sich vorwiegend Personen aufhalten, deren Lebensraum nicht in der Realität des Alltages liegt. Vor meiner Ankunft in dieser Schule hatte ich die feste Absicht, an einer Ayahuasca-Zeremonie teilzunehmen - dies wird dort Interessenten auch angeboten. Die Bilder, die in diesen Sitzungen entstanden und das Erscheinungsbild der Personen in dieser Schule haben mich aber letzten Endes davon abgehalten. Sie sind nicht Darstellungen von schönen Szenen der Traumwelt, vielmehr sind es in naiver Maltechnik Darstellungen von Alpträumen mit Tieren des Urwaldes, z.B. Jaguar, Habicht, Anakonda.
Zubereitung
Wie bei vielen anderen Drogen ist auch hier die Zubereitung von der Region bzw. der ethnologischen Gruppe abhängig. Verwendet werden getrocknete Blätter, die getrockneten Stengel und die Rinde.
Interessant erscheint der Umstand, daß scheinbar botanisch nicht unterscheidbare Ayahuasca-Arten bis zu sechs verschiedene Wirkungen auf die Psyche aufweisen. Die drei bekanntesten sind: Kahiriama - die stärkste Droge; sie soll bei falscher Anwendung zum Tode führen. Sie bewirkt Halluzinationen im Gehör und vermittelt die Fähigkeit, künftige Ereignisse anzukündigen. Die zweitstärkste, Mene-kahi-ma, soll Visionen von grünen Schlangen erzeugen, verwendet wird die Rinde, von der ebenfalls gesagt wird, daß sie bei unvorsichtiger Einnahme zum Tod führt. Die dritte Art ist „Kahi des roten Jaguars" und ruft Visionen in Rottönen hervor
Ayahuasca wird ausschließlich von Männern zubereitet und angewendet
Um den Trank herzustellen muß der Lianensammler (brujo) zumindest eine Woche sexabstinent bleiben und am Tage des Treffens nüchtern sein. An Dienstagen oder Freitagen, um 14h werden pulverisierte Rindenstücke in kochendes Wasser gegeben und mehrere Stunden lang gekocht. Die Wirkung des Trankes verändert sich vollkommen, wenn auch andere halluzinogene Pflanzen hinzugefügt werden. Darunter sind „toe", (wahrscheinlich Brugmansia aurea, Engelstrompete, Solanaceae), „sacha ajo", (Mansoa alliacea, wilder Knoblauch, Bigoniaceae) „chiricsanango" (Brunfelsia grandiflora, syn. Manaka, Solanaceae), und „Yage" (Psychotria sp., syn. wilder Kaffee, Rubiaceae, enthält N,N-DMT).
Dieser Coctail wird aus eigens dafür hergestellten Gefäßen getrunken, manchmal auch gemeinsam mit Cicha, einem leicht fermentiertem Bier.
In anderen Gebieten werden die Blätter und Rindenstücke geraucht.
Seit Spruces Zeit wurde diese Droge oft von Reisenden und Forschern erwähnt, aber bis vor kurzem wurde ihr wenig Beachtung geschenkt. In der Tat wurde Spruces 1851 gesammeltes Material erst 1969 chemisch analysiert, das Alkaloid Harmalin (Telepatin) wurde entdeckt.
Wirkung
Die Liane wirkt als starker MAO-Hemmer, was den Abbau des sowohl körpereigenen wie auch von außen zugeführten Tryptamins, wie z.B. N,N-DNT, verhindert und diese dann die Blut-Hirn-Schranke überschreiten können. Wenn Banisteriopsis caapi alleine verwendet wird, hat sie stimmungsaufhellende und sedierende Eigenschaften oder aber aggressive Wirkung. In höheren Dosierungen kann das in der Pflanze anwesende Harmin Übelkeit, Erbrechen und Zittern auslösen. Häufig sehen sich die Indianer überwältigenden Angriffen von riesigen Schlangen oder Jaguaren gegenüber. Die Schamanen der peruanischen Cohibo- und Shipibo-Stämme erzählen, daß ihre Seelen im Rauschzustand auf einem übernatürlichen, mit Dämonen besetzten Kanu unterwegs sind, um verlorengegangene oder gestohlene Seelen zurückzuerobern.
Schilderung einer Heilungszeremonie unter Ayahuasca-Wirkung
„Allmählich tauchten schwache Linien und Formen aus der Dunkelheit, und die schrille Musik der Tsentsak, der Hilfsgeister, schwoll um ihn herum an, die Kraft des Tranks näherte sie. Er rief, und sie kamen. Zuerst wand sich Panki, in eine goldene Krone verwandelt, um seinen Kopf. Dann schwebte Wampank, der riesige Schmetterling, über seinen Schultern und sang ihn mit den Flügeln an. Schlangen, Spinnen, Vögel und Fledermäuse tanzten in der Luft über ihm. Auf seinen Armen wurden Tausende von Augen sichtbar: Seine Hilfsgeister kamen hervor, um die Nacht nach Feinden zu durchsuchen. Der rasende Klang des rauschenden Wassers füllte seine Ohren, und wie er dies Brausen hörte, da wußte er, daß er die Macht der Tsunkui, dem ersten Medizinmann, besaß. Er starrte auf den Magen des kranken Mannes. Langsam wurde der Magen durchsichtig wie ein seichter Gebirgsfluss, und im Innern sah er wie Makanch´, die Giftschlange, sich auf- und zusammenrollte. Der feindliche Medizinmann hatte sie geschickt. Der wahre Grund der Krankheit war gefunden."
Michael Harner: The Sound of Rushing Water (1972:17)
Caapi ist sowohl vom Blatt- wie auch von der Rinde als C3-Trituration und Q-Potenz bei Remedia Homöopathie vorrätig.
Autor: Mag. pharm. Robert Müntz, Remedia Homöopathie
Quellen:
Christian Rätsch: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, 1998, AT Verlag
Duke, Vasquez: Amazonian Ethnobotanical Dictionary, 1994, CRC Press
R.Schultes, A. Hofmann: Pflanzen der Götter, 1989 AT Verlag
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